Vor vielen Jahren, so ziemlich zu Beginn meiner Karriere als Headhunter, besuchte ich nach einer Headhunter-Tagung mit einem alten Hasen der Branche eine Vernissage. Während einer lockeren Plauderei sagte er einen Satz, der mir bis heute in Erinnerung geblieben ist. Mehr noch: der eigentlich mein ganzes Berufsleben lang eine Art Richtschnur für mich war. „In unserer Branche gibt es drei Kategorien von Beratern“ meinte er. „Die Handwerker, die Künstler und die, die beides beherrschen. Mein Tipp: entscheide dich so früh wie möglich, zu welcher der drei du gehören willst.“ Wie man sich wahrscheinlich ausmalen kann, fiel meine Entscheidung sehr schnell und sehr klar aus: ich wollte handwerklich versierter Künstler bzw. kunstverständiger Handwerker sein.
Kurz zur Abgrenzung des Wirkungsbereichs: Während man am Beginn seiner Headhuntertätigkeit seine Fähigkeiten mit der aufwändigen Suche von „seltenen“ Experten unter Beweis stellen muss, entwickelte sich Spitzegger Consultants im Laufe der Zeit auch in Richtung Executive Search. Aus gutem Grund. Letztlich sind es zwar immer alle Mitarbeiter, die den Erfolg eines Unternehmens bestimmen. Ihre Expertise und Kompetenz, vor allem aber ihre Motivation bringen die Unternehmen voran – oder eben nicht. Die Führungskräfte spielen dabei aber eine Schlüsselrolle, denn sie sind Driver, Vorbilder und Identifikationsfiguren für ihr Team, müssen Orientierung bieten oder gar eine Vision vermitteln und angesichts heutiger Ansprüche von Agilität auch immer mehr die Selbstverantwortung der Mitarbeiter stärken. Die oberen Führungsebenen müssen also richtig besetzt sein. Wer hier nicht mit den Werten des Unternehmens übereinstimmt, kann auch nicht in die richtige Richtung leiten.
Die Kunst der Psychologie
Um diese Menschen gewinnen zu können, kommt es auf ein ganz bestimmtes Fingerspitzengefühl an. Das Recruiting an sich – der Einsatz von Auswahlverfahren und Tools – ist selten der kritische Punkt. Da geht´s um das Handwerk des Personalberaters, das ja eigentlich vorausgesetzt werden muss. Professionelle Dienstleister müssen alle Rekrutierungsmethoden und -kanäle aus dem ff beherrschen. Doch noch wichtiger ist das People Management und die strategisch beratende Funktion des Dienstleisters. Das heißt: Der Personalberater muss durchschauen können, wie das Kundenunternehmen tickt, welche Kultur dort herrscht und wer in das spezifische Umfeld passt. Ein guter psychologischer Blick ist unabdingbar, denn der Personalberater sollte in der Lage sein, die jeweiligen Kundenerwartungen zu erfassen. Sind diese unrealistisch oder das gewünschte Anforderungsprofil an die Bewerber nicht zeitgemäß, wird er seinen Auftraggeber darauf hinweisen. Da kommt dann die Kommunikation und wie gut man sie beherrscht ins Spiel. Offenheit und Ehrlichkeit machen einen guten Personalberater aus, aber auch, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt der richtigen Person im richtigen Umfeld mitzuteilen. Vor dem Hintergrund größtmöglicher Diskretion natürlich.
Die Kunst der guten Gesprächsführung ist natürlich auch auf der anderen Seite des Spektrums von großem Vorteil. Da, wo es gilt, den Bewerber bzw. Kandidaten zu überzeugen, sich für ein ganz bestimmtes Unternehmen zu entscheiden. Auch hier ist viel Finesse gefragt, schließlich sind sich Talente und herausragende (Führungs-)Persönlichkeiten ihrer Potentiale bewusst – zumal sie in einem mittlerweile ausgeprägten Arbeitnehmermarkt ohnehin am längeren Ast sitzen und sich die Rosinen rauspicken können.
Die Kunst, Erfahrung zu nutzen
Psychologisches Geschick und Kommunikationsvermögen – der eine hat mehr davon, der andere weniger, je nach Persönlichkeitsstruktur. Durch die Erfahrung und intelligente Ableitungen daraus aber kann beides signifikant geschärft werden. Und wenn es um Führungskräfte geht spielt noch eine andere Erfahrung eine entscheidende Rolle: die eigene Führungserfahrung. Diese Erfahrung hilft, die Anforderungen an Executives gut zu erkennen und effizient zu übersetzen. Zudem resultieren auch noch andere wichtige Faktoren daraus: unternehmerisches Denken, Branchenkompetenz, ein großes professionelles Netzwerk und fundierte Marktkenntnisse. Der guter Personalberater muss wissen: Was passiert auf dem Markt? Was macht der Wettbewerb? Welche Kompetenzen sollte sich das Kundenunternehmen daher ins Haus holen?
Die Kunst der Vermarktung
Vom Unternehmenslogo zur Mitarbeitermarke ließe sich Employer Branding knackig auf den Punkt bringen. Kaum eine anderer Faktor ist im gesamten Recrutierungsbusiness so entscheidend geworden wie die Kunst, das Image eines Unternehmens in den Köpfen potentieller und tatsächlicher Bewerber nachhaltig zu optimieren. Im Talent of War auf der Suche nach den besten Köpfen ist jenes Unternehmen im Vorteil, dass sich im Marktumfeld am besten positionieren kann. Und gleichzeitig so viel smarte Flexibilität an den Tag legt, dass diese Positionierung vertikal und horizontal fast beliebig skalier- und diversifizierbar wird – je nach Zielgruppe eben. Einen guten Personalberater macht demnach aus, dass er das Employer Branding virtuos beherrscht. Und damit dem Unternehmen neben seinen angestammten Recruiting-Skills einen unschätzbar wertvollen Mehrwert bietet.
Und dann war da noch das Handwerk
Auch an der virtuosen Beherrschung seines Handwerks werden Sie einen guten Personalberater erkennen. Ich spreche hier gar nicht von der routinierten Nutzung sämtlicher Recruiting-Kanäle, online wie auch offline, und auch nicht vom effizienten Einsatz diverser KPIs. Sondern von einer Haltung im Recruitingprozess, die auf der ganz bestimmten Auslegung unseres Berufsethos´ basiert. Hier ein paar Tipps:
1.) Wer alles kann, kann alles...verbocken.
Kein Personalberater kann jede Branche gleich gut kennen. Trauen Sie ihm also nicht, wenn er das behauptet. Genauso wie sich Unternehmen immer stärker spezialisieren, muss dies auch ein guter Berater tun. Er muss sich in der Branche des Auftraggebers eher wie ein Fisch im Wasser fühlen als wie ein Elefant im Porzellanladen. Er muss den spezifischen Markt, seine Regeln und seine Besonderheiten und er muss über ein tragfähiges Netzwerk in dieser Branche verfügen.
2.) Gut Ding braucht Weile – und ein solides Budget.
Personalberater, die allzu günstig erscheinen, müssen irgendwo im Prozess Kosten einsparen, um Gewinn zu erwirtschaften. Gerne schieben diese „Berater" dem Auftraggeber dann nur Lebensläufe zu, ohne detaillierte Interviews zu führen oder die Kandidaten zu bewerten. Die Folge sind entsprechend schlechtere Ergebnisse. Ein guter Berater analysiert und bewertet dagegen jeden einzelnen Kandidaten und stellt dem Kunden detaillierte Berichte zur Verfügung.
3.) Ohne Auftrag läuft gar nichts.
Ein absolutes NO GO: einem Unternehmen unaufgefordert potenzielle Kandidaten zuschicken. Quasi im vorauseilendem Gehorsam. Startschuss für den ganzen Prozess ist immer der Auftrag. Ein Exklusivauftrag wohlgemerkt. Alles andere wirft nämlich auch ein schlechtes Licht auf den Auftraggeber und hat mit Seriosität und einer soliden Vertrauensbasis wenig zu tun, z.B. wenn ein Kandidat von mehreren Headhuntern für die gleiche Position kontaktiert wird. Ein SuperGAU im Bereich des Employer Brandings, der der Arbeitgebermarke großen Schaden zufügen kann.
4.) Echte Kundennähe.
Ein enger und ständiger Kontakt zum Auftraggeber ist einer der wichtigsten Säulen des Erfolgs im Headhunting. Dazu gehören regelmäßige Infos zum Prozess-Status ebenso wie absolute Offenheit. Ist beispielsweise der gewünschte Kandidat am Markt nicht verfügbar, wird nicht über Gebühr weitergesucht. Das vergeudet kostbare Zeit und verschlingt unnötig Kosten. Stattdessen empfiehlt es sich, sinnvolle Alternativen anzudenken. Etwa Suchprozesse zu optimieren oder zu diversifizieren oder an ganz bestimmten Schräubchen der Strategie zu drehen – schließlich ist es genau das, was die Expertise eines guten Beraters ausmacht
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